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EINE NEUE BESTIMMUNG
DER MOLEKüLDIMENSIONEN
INAUGURAL-DISSERTATION
ZUR

ERLANGUNG DER PHILOSOPHISCHEN DOKTORWÜRDE
DER

HOHEN PHILOSOPISCHEN FAKULTÄ'r
(MATHEMATISCH-NATURWISSENSUHAFTLICHE SEKTION)
DER

UNIVERSITÄT ZÜRICH
VORGELFJWr
VON

ALBERT EINSTEIN
AUS ZORICH

Begutachtet von den Herren Prof. Dr, A. KLEINER.
und

Prof. Dr. H. BURKHARDT

BERN
BUOHDRUCKEREI K. J. WYSS
1905

EINE NEUE

BESTIM~IUNG

DER MOLEI(üLDIMENSIONEN
INAUGURAL-DISSERTATION
ZUIt

ERLANGUNG DER PHILOSOPHISCHEN DOK'rORWÜRDE
nuu

HOHEN PHILOSOPISCHEN F AKUI/rÄ'r
(~lA'rIIEMA'l'IRCIl-N A'l'UItWISSENSUIlAFTLICllE

SlCK'l'IoN)

DER

UNIVERSITÄ'l' ZÜRICH
VORGELEG'r
VON

ALBERT EINSTEIN
AUS ZORICIl

Begutachtet von den Herren Prof. Dr, A. KLEINER
und

Prof. Dr. H. BURKHARD'r

BERN
BUCHDRUCKEREI K. J. \VYSS
1905

I

j
j
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j

JAEINEM

fIERRN

fREUNDE

pR. j'flARCEL PROSSMANN

GEWIDMET

1
1
1
1
1
1
1
1
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1

1

1

Eine neue Bestimmung der
Moleküldimensionen,

Die ältesten Bestimmungen der wahren Grösse der Moleküle
bat die kinetische Theorie der Gase ermöglicht, während die
an Flüssigkeiten beobachteten physikalischen Phänomene bis
jetzt zur Bestimmung der Molekülgrössen nicht gedient haben.
Es liegt dies ohne Zweifel an den bisher unüberwindlichen
Schwierigkeiten, welche der Entwickelung einet' ins einzelne
.gehenden molekularkinetischen Theorie der Flüssigkeiten entgegenstehen. In dieser Arbeit soll nun gezeigt werden, dass
nnan die Grösse der Moleküle des gelösten Stoffs in einer nicht
dissoziierten verdünnten Lösung aus der inneren Reibung der
Lösung und des reinen Lösungsmittels und aus der Diffusion
des gelösten Stoffes im Lösungsmittel ermitteln kann, wenn das
Volumen eines Moleküls des gelösten Stoffs gross ist gegen das
Volumen eines Moleküls des Lösungsmittels. Ein derartiges
gelöstes Molekül wird sich nämlich bezüglich seiner Beweglichkeit im Lösungsmittel und bezüglich seiner Beeinflussung
der inneren Reibung des letzteren annähernd wie ein im
Lösungsmittel suspendierter fester Körper verhalten, und es
wird erlaubt sein, auf die Bewegung des Lösungsmittels in
unmittelbarer Nähe eines Moleküls die hydrodynamischen Gleichungen anzuwenden, in welchen die Flüssigkeit als homogen
'betrachtet, eine molekulare Struktur derselben also nicht berücksichtigt wird. Als Form der festen Körper, welche die
gelösten Moleküle darstellen sollen, wählen wir die Kugelform.
;

-

6 -

§ 1. Ueber die Beeinflussung der Bewegung
einer Flüssigkeit durch eine sehr kleine in derselben
suspendierte Kugel.

Es liege eine inkompressible homogene Flüssigkeit mit dem
Reibungskoeffizienten k der Betrachtung zugrunde, deren Geschwindigkeitskomponenten u, v, wals Funktionen der Koordinaten x, y, zund der Zeit gegeben seien. Von einem beliebigen Punkt x o, Yo, Zo aus denken wir uns die Funktionen,
u, v, wals Funktionen von x - X o, Y - Yo, z - Zo . nach dem
Ta y 10r sehen Satze entwickelt und um diesen Punkt ein sokleines Gebiet G abgegrenzt; dass innerhalb desselben nur die
linearen Glieder dieser Entwickelung berücksichtigt werden,
-müssen. Die Bewegung der in G enthaltenen Flüssigkeit kann
dann bekanntlich als die Superposition dreier Bewegungen aufgefasst werden, nämlich
-I. einer Parallelverschiebung aller Flüssigkeitsteilchen ohne
Aenderung von deren relativer Lage,
2. einer Drehung der Flüssigkeit olme Aenderung der relativen Lage der Flüssigkeitsteilchen,
3. einer Dilatationsbewegung in drei aufeinander senkrechten
Richtungen (den Hauptdilatationsrichtungen).
Wir denken uns nun im Gebiete G einen kugelförmigen starren.
Körper, dessen Mittelpunkt im Punkte x o, Yo' Zo liege und dessen
Dimensionen gegen diejenigen des Gebietes G sehr klein seien.
Wir nehmen ferner an, dass die betrachtete Bewegung eine so
langsame sei, dass die kinetische Energie der Kugel sowie diejenige der Flüssigkeit vernachlässigt werden können. Es werde
ferner ungenommen, dass die Geschwindigkeitskomponenten eines
Oberflächenelementes der Kugel mit den entsprechenden Ge-·
schwindigkeitskomponenten der unmittelbar benachbarten Flüssigkeitsteilchen übereinstimme, d. h., dass auch die (kontinuierlich
gedachte) Trennungsschicht überall einen nicht unendlich kleinen
Koeffizienten der inneren Reibung aufweise.
Es ist ohne weiteres klar, dass die Kugel die Teilbewegungen 1. und 2. einfach mitmacht, ohne die Bewegung derbenachbarten Flüssigkeit zu modifizieren, da sich bei diesen
Teilbewegungen die Flüssigkeit wie ein starrer Körper bewegt,
und da wir die Wirkungen der Trägheit vernachlässigt haben..

7

Die Bewegung 3. aber wird durch das Vorhandensein der
Kugel modifiziert, und es wird unsere nächste Aufgabe sein,
den Einfluss der Kugel auf diese Flüssigkeitsbewegung zu untersuchen. Beziehen wir die Bewegung 3. auf ein Koordinatensystem, dessen. Achsen den Hauptdilatationsrichtungen parallel
sind, und setzen wir
x - X o = ;,
Y - Yo = 1),
z - Zo = C,

so lässt sich jene Bewegung, falls die Kugel nicht vorhanden
ist, durch die Gleichungen darstellen:

J U o = A;,

1 o == B1),
oc;

(I)

V

WO

A, B, 0 sind Konstanten, welche wegen der Inkompressibilität
der Flüssigkeit die Bedingung erfüllen:
(2)

A

+B +

0

= o.

Befindet sich nun im Punke x o, Yo, Zo die starre Kugel mit
dem Radius P, so ändert sich in der Umgebung derselben die
Flüssigkeitsbewegung. Im folgenden wollen wir der Bequemlichkeit wegen P als «endlich 1I bezeichnen, dagegen die Werte
von ;, ''l, C, für welche die Flüssigkeitsbewegung durch die Kugel
nicht mehr merklich modifiziert wird, als "unendlich gross".
Zunächst ist wegen der Symmetrie der betrachteten Flüssigkeitsbewegung klar, dass die Kugel bei der betrachteten Bewegung weder eine Translation noch eine Drehung ausführen kann,
und wir erhalten die Grenzbedingungen :
u = v = W = 0 für p = P,
wobei
p = V~2 + "(1 2 + C2 > 0
gesetzt ist. Hierbei bedeuten u, v, w die Geschwindigkeitskomponenten der nun betrachteten (durch die Kugel modifizierten)
Bewegung. Setzt man
u = A;
ull

(3)

v = B1)

+.
+

l w= OC +

VI'
W l,

so müsste, da die in Gleichungen (3) dargestellte Bewegung
im Unendlichen in die in Gleichungen (1) dargestellte über-

8

geben soll, die Geschwindigkeiten U il Vi' wl im Unendlichen
verschwinden.
Die Funktionen u, v, W haben den Gleichungen der Hydro. dynamik zu genügen unter Berücksichtigung der inneren Reibung
und unter Vernachlässigung der Trägheit. Es gelten also die
Gleichungen 1)

OP

n

(4)

j

op

op

~ k ~ u 0" ~ k ~. v aE

+

~~t
o~

~
01)

+0

W

oC

=

=

Aw,

0,

wobei A den Operator
Ol

02

32

+ 01)2 + oC

0~2

2

und p den hydrostatischen Druck bedeutet.
Da die Gleichungen (I) Lösungen der Gleichungen (4) und
letztere linear sind, müssen nach (3) auch die Grössen UI! VI! W I
den Gleichungen (4) genügen. Ich bestimmte Uj, VI' W I und lJ
nach einer im § 4 der erwähnten Kir ch hoff sehen Vorlesung
angegebenen Methode 2) und fand:
t)G. Kirchhoff, Vorlesungen über Mechanik. 26. Vorl,
t) «Aus den Gleichungen (4) folgt ß P = O. Ist p dieser Bedingung
gemäsR angenommen und eine Funktion V bestimmt, die der Gleichung
1
aV=T P
genügt, so erfüllt man die Gleichungen (4),. wenn man

u
setzt und

8 V+-,
= IT
u,

1/,', '1)1

w' so wählt,
8 u'

8 V+ '
= 88"fJV+ v, w = 11'
w
dass ß
= 0, ß v' = 0 und ß w' = 0
1

v

1/,'

8 V'

..-+-+
(j ~
8"fJ
ist. »
Setzt man nun

und im Einklang hiermit

und

8 w'
1
-=--p
H
k

und

-

9 -

I

o~(~)

ot(~)

-l pa

A pa -

P = - i kPB A~ +B--arr
;
oD

(5) u

=

A ; -

02(~))

+ O-ac'- + konst.,

aT'

v = B'fJ - i p3 B !l_ _ 0 D
p3
0'fJ'

w=

c: -

~3 - ~f,

i p3 C

wobei
D = A

o!( l-)]

02

I

t pJ

H~ +! ps -

0 :'

+ BI!} pa 0 p_ +,1 pi 02( ~ )\
2

(5 a)

0 TJ2

u

+

J
0

0 TJ2

"

Olp

.

02(~)l

l* p8 0 c + t p5 ~ .
2

Es ist leicht zu beweisen, dass die Gleichungen (5) Lösungen
der Gleichungen (4) sind. Denn da
1
2
A ; == 0, A - = 0, A p = p
p
und
erhält man
kAu = - k

02-.!0
p
1lJ. Dl = - ka-r.\ i pa A 0 ;2

o

n

02~P

+ i P" B 0 TJ2

I
+ '" .

, 1
(j

u' = - 2 c

a

TI'

Vi

=

C, w'

=

0,

so lassen sich die Konstanten a, b, c so bestimmen, dass für P = p u = v
= w = 0 ist. Durch Superposition dreier derartiger Lösungen erhält man
die in den Gleichungen (5) und (5 a) angegebene Lösung.

-

10 -

Der zuletzt erhaltene Ausdruck ist aber nach der ersten der

~~

Gleichungen (5) mit

identisch. Auf gleiche Weise zeigt man,

dass die zweite und dritte der Gleichungen (4) erfüllt ist.
Ferner erhält man

~ ~ + °o~ + ~[

+ B + 0)
J 0 (+)
0 (+)
02(~)1
+ ! P31A~ + B--o~'i- + C ~ =

(A

2

2

ts D.

Da aber nach Gleichung t5 a)

_ S

ßD-~AP

3\

2

~

2

~

2

Cf)1

0( )
0 ( )
0
A-O~' +B~+O~ ,

so folgt, dass auch die letzte der Gleichungen (4) erfüllt ist.
Was die Grenzbedingungen betrifft, so gehen zunächst für unendlich grosse p unsere Gleichungen für u, v, w in die Gleichungen (1) über. Durch Einsetzen des Wertes von D aus
Gleichung (5 a) in die zweite der Gleichungen (5) erhält man:
u =

j

(6)

A~ - ~_:f;
~ (A~2+. B"fJ2 + OC')
p

ps A ~ .
p5
Man erkennt, dass u für p = P verschwindet. Gleiches gilt aus
Symmetriegründen .für v und w. Es ist nun bewiesen, dass durch
die Gleichungen (5) sowohl den Gleichungen (4) als auch den
Grenzbedingungen der Aufgabe Genüge geleistet ist.
Es lässt sich auch beweisen, dass die Gleichungen (5) die
einzige mit den Grenzbedingungen der Aufgabe verträgliche
Lösung der Gleichungen (4) sind. Der Beweis soll hier nur
angedeutet werden. Es mögen in einem endlichen Raume die
Geschwindigkeitskomponenten u, v, w einer Flüssigkeit den
Gleichungen (4) genügen. Existierte noch eine andere Lösung
U,
W der Gleichungen (4), bei welcher an den Grenzen des
betrachteten Raumes U = tt, V = v, W = w ist, so ist (U - u,
V-v, W - w) eine Lösung der Geichungen (4), bei welcher
die Geschwindigkeitskomponenten an der Grenze des Raumes
verschwinden. Der. in dem betrachteten Raume befindlichen
Flüssigkeit wird also keine mechanische Arbeit zugeführt. Da
wir die lebendige Kraft der Flüssigkeit vernachlässigt haben,

v:

~ (A ~2 + B..,,2 + 0 C2) _
p'
+ ~_• ~_~
'j

11

"so folgt daraus, dass auch die im betrachteten Raume in Wärme
verwandelte Arbeit gleich Null ist. Hieraus folgert man, dass
.im ganzen Raume u = Uu v = VIlW = Wj sein muss, falls der
Raum wenigstens zum Teil durch ruhende Wände begrenzt ist.
Durch Grenzübergang kann dies Resultat auch auf den Fall
ausgedehnt werden, dass, wie in dem oben betrachteten Falle,
der betrachtete Raum unendlich ist. Man kann so dartun, dass
-die oben gefundene Lösung die einzige Lösung der Aufgabe ist.
Wir legen nun um den Punkt X Ol Yo' Zo eine Kugel vom
Radius B, wobei B gegen P unendlich gross sei, und berechnen
die Energie, welche in der innerhalb der Kugel befindlichen
Flüssigkeit (in der Zeiteinheit) in Wärme verwandelt wird.
Diese Energie W ist gleich der der Flüssigkeit mechanisch
"zugeführten Arbeit. . Bezeichnet man die Komponenten des
auf die Oberfläche der Kugel vom Radius B ausgeübten Druckes
mit X n , Y", Zn, so ist:

w=

J'

(X,. U r

r; V

+ Zn w) d s,

wobei das Integral über die Oberfläche der Kugel vom Radius B
zu erstrecken ist. Hierbei ist:
Xn= -

r; =

-

Zn = -

(X~ ~p + X'IJ 2Lp +

1-),
p
(y~ ~ + Y-q 2L + yC 1-),
P
P
f;
~
t)
(Z~ -- + Z'IJ 2L + ZC -=- ,
f;

XC

P

p

wobei

X~

=

p - 2k

~~ ,

Y,

YYj

=

p - 2k

~ ,~,

Z; = X, = - k

p- 2k

~

Zc

=

t; ,

X"t]

=

=

Z"t]

y~

= -

= -

k(~ ~+ ~~),
(~~ + ~ ~),

k(~~ + ~-V.

Die Ausdrücke für u, V, w vereinfachen sich, wenn wir beachten, dass für p = B die Glieder mit dem Faktor PD/pS
gegenüber denen mit dem Faktor pa/ps verschwinden. Wir
. haben zu setzen:

-

12

-

(6 a)

und hieraus
X n = 2 A k -.t

P

_ 10 A kpaJ_ -l- 25 k pa ~ (A ~'! + B 'lJ2 + 0 C.J.

p4 I
pa
Mit Hilfe der durch zyklische Vertauschung abzuleitenden Ausdrücke für Y n und Zn erhält man unter Vernachlässigung 'aller
Glieder, die das Verhältnis Plp in einer höheren als der dritten.
Potenz enthalten:

Xn u

+ Y V + Zn W + 2 k (A2 ~2 + B2 'IJ'l + 0
n

2

P

C2)

-10 k P:(A2 ~2
20 k~(A;2
P
P
Integriert man übel' die Kugel und berücksichtigt, dass

+.+ .) +

f

f

ds = 4 R2 1t,
;2

ds

-J

f ~4 .!
ds

f

f

+ . + .)2.

'lJ2

(A

C2 d s

2

'lJ2

ds-=fC ds=!

'lJ4

ds

j'

j~ C d s =

C2 ;2 d s =

4

j~~2

~2 + B + 0 eIl d s =
'lJ2

~ R4,

-11t

'lJ2

RO,

ds=

4"
1 1t Ra

1451t

(A2

RO,

t- B2 + C2L

-

13 -

so' erhält man:
(7)

W =

i

1t

Ra k 02 -g

wobei

o=

A2

!

1t

1t

+

PJ k 02 = 2 02 k (V - <p),
B2

+C

2

,

Ra = V

und

!-1tPS=<P
gesetzt ist. Wäre die suspendierte Kugel nicht vorhanden'
(<V = 0), so. erhielte man für die im Volumen V' verzehrteEnergie
(7 a)
Wo = 2 02 k V.
Durch das Vorhandensein der Kugel wird also die verzehrte
Energie um 2 a2 k <P verkleinert. Es ist bemerkenswert, dassder Einfluss der suspendierten Kugel auf die Grösse der verzehrten Energie gerade so gross ist, wie er wäre, wenn durch.
die Anwesenheit der Kugel die Bewegung der sie umgebenden
Flüssigkeit gar nicht modifiziert würde.
§ 2. Berechnung des Reibungskoefflzienten einer
Flüssigkeit,in welcher sehr viele kleine Kugeln in
regelloser Verteilung suspendiert sind.

Wir haben im vorstehenden den Fall betrachtet, dass in
einem Gebiete G von der oben definierten Grössenordnung einerelativ zu diesem Gebiete sehr kleine Kugel suspendiert ist
und untersucht, wie dieselbe die Flüssigkeitsbewegung beeinflusst.
Wir wollen nun annehmen, dass in dem Gebiete Gunendlich
viele Kugeln von gleichem, und zwar so kleinem Radius regellos
verteilt sind, dass das Volumen aller Kugeln zusammen sehr
klein sei gegen das Gebiet G. Die Zahl der auf die Volumeneinheit entfallenden Kugeln sei n, wobei n allenthalben in derFlüssigkeit bis auf Vernachlässigbares konstant sei.
Wir gehen nun wieder aus von einer Bewegung einer homogenen Flüssigkeit ohne suspendierte Kugeln und betrachten
wieder die allgemeinste Dilatationsbewegung. Sind keine Kugeln
vorhanden, so können wir bei passender Wahl des Koordinatensystems die Geschwindigkeitskomponenten U 01 Vo, Wo in dem
beliebigen Punkte x, y, z des Gebietes G darstellen durch die
Gleichungen:

14

~

-

Uo

= A x,

Vo

=

By,

w o = C z,

wobei
A

+B +C=

O.

Eine im Punkte x v, s«, z v suspendierte Kugel beeinflusst nun
-diese Bewegung in der aus Gleichung (6) ersichtlichen Weise.
Da wir den mittleren Abstand benachbarter Kugeln als sehr
gross gegen deren Radius. wählen, und folglich die von allen
suspendierten Kugeln zusammen herrührenden zusätzlichen
Geschwindigkeitskomponenten gegen u o, vo• Wo sehr klein sind,
so erhalten wir für die Geschwindigkeitskomponenten u, v, 'W
in der Flüssigkeit unter Beriicksichtigung der suspendierten
Kugeln und unter Vernachlässigung von Gliedern höherer Ord.nungen :

(U=AX_~~iP3 ~v(A~~+B·~~+ C~~)
.

~

P2

p3

V

V

+ B"IJ~ -+ CC

~ P ~v(A~~
- ~ p4
v

rv=By!

~~ i -

. p2

q

+ [J v -p-('
v ,
4

'"v

+ B"lJ2_v + OC2)
v

v

v

"IJ

(A~2v

y.

~

~

+ B"lJ2+CC2) + p3 Hf)}v
y

y

p3

4

v

v

= C z _ ~l

V

p3

ps
-~7

W

)

r:ß

pa"IJ (A~2
v

(8)

P3 A

2

pv

p v'

-+ Cn

pa _Cv(A
__
~~_-+~B_"lJ,----~ C
p2

p3

v

v

_ ~__~~ CvCA~~
2 p4
v

+ B"IJ~ + C C~)
[.ß
v

+

ps C~V~

p4 P ,
V

v

wobei die Summation über alle Kugeln des Gebietes G zu erstrecken ist und
~v =x - Xv,
"lJv = y - yv, pv = V ~2 + Y)2 -I- C2 ,
v
v
v
~v =

Z --- Zv,

gesetzt ist. Xv, yv, z; sind die Koordinaten der Kugelmittelpunkte. Aus den Gleichungen (7) und (7 a) schliessen wir ferner,

-

15 -

dass die Anwesenheit jeder der Kugeln bis auf unendlich Kleines
höherer Ordnung eine Verringerung der Wärmeproduktion pro
Zeiteinheit um 2 02 k <I> zum Gefolge hat und dass im Gebiete
G die pro Volumeneinheit in Wärme verwandelte Energie den
Wert hat:
W = 2 02 k - 2 n 02 k <1>,

'Oder
W = 2 02 k (1 - rp),

(7 b)

wobei rp den von den Kugeln eingenommenen Bruchteil des Volumens bedeutet.
Gleichung (7 b) erweckt den Anschein, als ob der Reibungskoeffizient der von uns betrachteten inhomogenen Mischung von
Flüssigkeit und suspendierten Kugeln (im folgenden kurz
"Mischung" genannt) kleiner sei als der Reibungskoeffizient k
der Flüssigkeit. Dies ist jedoch nicht der Fall, da A, B, 0
nicht die Werte der Hauptdilatationen der in Gleichungen (8)
dargestellten Flüssigkeitsbewegung sind; wir wollen die Hauptdilatationen der Mischung A*, B", C* nennen. Aus Symmetriegründen folgt, dass die Hauptdilatationsrichtungen der Mischung
den Richtungen der Hauptdilatationen A, B, C, also den Koordinatenrichtungen parallel sind. Schreiben wir die Gleichungen
(8) in der Form:

BQ

u=Ax+

~UY'

v=By+

~VY'

w=Cz+

~WY'

erhalten wir:
A* = (::-)
=0

= A

+ ~(~':Y)

0=0

= A -

~(::Y)

.

Y=O

Schliessen wir die unmittelbaren Umgebungen der einzelnen
Kugeln von der Betrachtung aus, so können wir die zweiten
und dritten Glieder der Ausdrücke von u, v, so weglassen und
erhalten für x = y =Z = 0:

16

u;

= _.~ pa x y( Ax~ + Bye + G_~D
2

Vy -

(9)

_

-

Wy

-

5_

~

1'2

1'8

y

y

pa Yy ( A x~

-~

-~.

+ R ye + G zn

-----------

r~

1'8

y

'

y

Pa x

=

,

CA x + B y + G

-,,-2
---

2

2

y

y

Z2y )

1,3

v

-

,

v

wobei

r;

= V Xl + y2 -1y

y

Z2y

>

0

gesetzt ist. Die Summierung erstrecken wir über das Volumen
einer Kugel K von sehr grossem' Radius R, deren Mittelpunkt
im Koordlnatenursprung liegt. Betrachten wir ferner die regellos
verteilten Kugeln als gleichmässig verteilt und setzen an Stelle
der Summe ein Integral, so erhalten wir:
A* =

A -

n

{


J(

=

A -

OUv
--ox d x y d yy d zv'
y

n

{U;...:y d s,


v

wobei das letzte Integral über die Oberfläche der Kugel K zu
erstrecken ist. Wir finden unter Berücksichtigung von (9):
A* =

=

A -;- ;;:
A -

11

nf x~ (A xg

f

B

y~ + G zn d s,

(1- pa 1t) A = A (1 - ep).

Analog ist
B*=B(I-rp),
C*= G(l-ep).

Setzen wir

+ +

0*2 = A0)(2 B*2 0*2,
so ist bis auf unendlich Kleines höherer Ordnung:
07.2 = a2 (1 - 2 rp).
Wir haben für die Wärmeentwicklung' pro Zeit- und Volumeneinheit gefunden:
W* = 2 02 k (1- tp).

17

-

Bezeichnen wir mit k* den Reibungskoeffizienten des Gemisches,
so ist:
W* = 2 a*2 k*.
Aus den drei letzten Gleichungen erhält man unter Vernachlässigung von unendlich Kleinem höherer Ordnung:
k* = k (1
tp).
Wir erhalten also das Resultat:
Werden in einer Flüssigkeit sehr kleine starre Kugeln suspendiert, so wächst dadurch der Koeffizient der inneren Reibung
um einen Bruchteil, der gleich ist dem Gesamtvolumen der in
der Volumeneinheit suspendierten Kugeln, vorausgesetzt, dass
dieses Gesamtvolumen sehr klein ist.

+

§ 3. Ueber das Volumen einer gelösten Substanz,
deren Molekularvolumen gross ist gegenüber dem
des Lösungsmittels.
Es liege eine verdünnte Lösung vor eines Stoffes, welcher
in der Lösung nicht dissoziiert.
Ein Molekül des gelösten
Stoffes sei gross gegenüber einem Molekül des Lösungsmittels
und werde als starre Kugel vom Radius P aufgefasst. Wir
können dann das in § 2 gewonnene Resultat anwenden. Bedeutet k* den Reibungskoeffizienten der Lösung, k denjenigen
des reinen Lösungsmittels, so ist:
k*

k- =

1

+ tp,

'Wobei tp das Gesamtvolumen der in Lösung befindlichen Moleküle pro Volumeneinheit ist.
Wir wollen tp für eine 1 proz. wässerige Zuckerlösung berechnen.
Nach Beobachtungen von Bur k h a r d (Tabellen von La n d 0 I t
und Bö r n s t ein) ist bei einer 1 proz, wässerigen Zuckerlösung
Jc*jk= 1,0245 (bei 20° C.), also tp = 0,0245 für (beinahe genau)
0,01 g Zucker. Ein Gramm in Wasser gelöster Zucker hat also
auf den Reibungskoeffizienten denselben Einfluss wie kleine suspendierte starre Kugeln vom Gesamtvolumen 2,45 cmB• Bei
dieser Betrachtung ist der Einfluss des dem gelösten Zucker
entsprechenden osmotischen Druckes auf die innere Reibung des
Lösungsmittels vernachlässigt.

18

Es ist nun daran zu erinnern, dass 1 g festen Zuckers das
Volumen 0.61 cms besitzt. Dasselbe Volumen findet man auch
für das spezifische Volumen s des in Lösung befindlichen Zuckers,
wenn man die Zuckerlösung als eine Mischung von Wasser und
Zucker in gelöster Form auffasst. Die Dichte einer 1 proz.
wässerigen Zuckerlösung (bezogen auf Wasser von derselben
Temperatur) bei 17,5° ist nämlich 1,00388. Man hat also (unter
Vernachlässigung des Dichteunterschiedes von Wasser von 4° und
Wasser von 17,5°):
1
1,00388

--- =

0,99

+ 0,01

s;

s = 0,61.
Während also die Zuckerlösung, was ihre Dichte anbelangt,
sich wie eine Mischung von Wasser und festem Zucker verhält,
ist der Einfluss auf die innere Reibung viermal grösser, als er
aus der Suspendierung der gleichen Zuckermenge resultieren.
würde. Es scheint mir dies Resultat im Sinne der Molekulartheorie kaum anders gedeutet werden zu können, als indem
man annimmt, dass das in Lösung befindliche Zuckermolekül
die Beweglichkeit des unmittelbar angrenzenden Wassers hemme,
so dass ein Quantum Wasser, dessen Volumen ungefähr das.
Dreifache des Volumens des Zuckermoleküls ist, an das Zuckermolekül gekettet ist.
Wir können also sagen, dass ein gelöstes Zuckermoleküf
(bezw. das Molekül samt dem durch dasselbe festgehaltene
Wasser) in hydrodynamischer Beziehung sich verhält wie eineKugel vom Volumen 2,45 . 342/N cm", wobei 342 das Molekulargewicht des Zuckers und N die Anzahl der wirklichen Moleküle in einem Grammolekül ist.
also

§ 4. Ueber die Diffusion eines nicht dissoziierten

Stod'es in .ft.üssiger Lösung.
Es liege eine Lösung vor, wie sie in § 3 betrachtet wurde.
Wirkt auf das Molekül, welches wir als eine Kugel vom Radius P
betrachten, eine Kraft E, so bewegt sich das Molekül mit einer
Geschwindigkeit 00, welche durchP und den Reibungskoeffi.-

19

-

zienten kdps Lösungsmittels bestimmt ist. Es besteht nämlich,
die Gleichung 1):
(1)

(J)

=

Diese Beziehung benutzen wir zur Berechnung des Diffusionskoeffizienten einer nicht dissoziierten Lösung. Bedeutet p'
den osmotischen Druck der gelösten Substanz, welcher bei der
betrachteten verdünnten Lösung als die einzige bewegende. Kraft
anzusehen sei, so ist die auf die gelöste Substanz pro Volumeneinheit der Lösung in Richtung der X-Achse ausgeübte Kraft
= - I) p/I) x. Befinden sich p Gramm in der Volumeneinheit
und istm das Molekulargewicht des gelösten Stoffes, N dieAnzahl wirklicher Moleküle in einem Grammolekül, so ist
(p/m)'N die Anzahl der (wirklichen) Moleküle in der Volumeneinheit
und die auf ein Molekül infolgc des Konzentrationsgefälles.
wirkende Kraft:
m I)p
(2)
K = - - - ---.
pN OX
Ist die Lösung genügend verdünnt, so ist der osmotische Druck
durch die Gleichung gegeben:
B
(3)
P = --- p T,
m
wobei T die absolute Temperatur und R = 8,31. 107 ist. Aus
den Gleichungen (1), (2) und (3) erhalten wir für die Ge-schwlndlgkeitder Wanderung der gelösten Substanz:
R T 1 1 I) P
(J)

= --------.
67tk]v P p 0 x

Die pro Zeiteinheit durch die Einheit des Querschnittes,

-in Richtung der X-Achse hindurchtretende Stoffmenge ist endlich
(4)

(J)

P

I) P
= - .B
- T . - 1 --.
67tk

NP OX

Wir erhalten also für den Diffusionskoeffizlenten D:
RT
1
D= - . ---.
6nk

NP

1) G. Kirchhof!', Vorlesungen über Mechanik. 26. Vorl., GI. (22t

-

20

-

Man kann also aus dem Diffusionskoeffizienten und dem Koeffizienten der inneren Reibung des Lösungsmittels das Produkt
aus der Anzahl N der wirklichen Moleküle in einem Grammolekül
und dem hydrodynamisch wirksamen Molekularradius P berechnen.
In dieser Ableitung ist der osmotische Druck wie eine auf
die einzelnen Moleküle wirkende Kraft behandelt worden, was
-offenbar der Auffassung der kinetischen Molekulartheorie nicht
entspricht, da gemäss letzterer in dem vorliegenden Falle der
osmotische Druck nur als eine scheinbare Kraft aufzufassen ist.
Diese Schwierigkeit verschwindet jedoch, wenn man bedenkt,
dass den (scheinbaren) osmotischen 'Kräften, welche den Kon.zentrationsverschiedenheiten der Lösung entsprechen, durch ihnen
numerisch gleiche, entgegengesetzt gerichtete, auf die einzelnen
Moleküle wirkende Kräfte das (dynamische) Gleichgewicht ge.leistet werden kann, wie auf thermodynamischem Wege leicht
eingesehen werden kann.
Der auf die Masseneinheit wirkenden osmotischen Kraft
-

~
~P
r uX

kann durch die (an den einzelnen gelösten Molekülen
-

.angreifende) Kraft - PIIJ das Gleichgewicht geleistet werden, wenn
1

ap

- - - - - Pa; = O.

P ax
Denkt man sich also an der gelösten Substanz (pro Massen-einheit) die zwei sich gegenseitig aufhebenden Kräftesysteme Pa:
und - P; angreifend, so leistet - Pa: dem osmotischen Drucke
das Gleichgewicht, und es bleibt nur die dem osmotischen Drucke
numerisch gleiche Kraft PIIJ als Bewegungsursache übrig. Damitist die erwähnte Schwierigkeit beseitigt. ')
§ 5. Bestimmung der Moleküldimensionen mit Hilfe

der erlangten Relationen.
Wir haben in § 3 gefunden:
k*
-k = 1 _ Ip = 1 n.!_ 'TC P,
wobei n die Anzahl der gelösten Moleküle' pro Volumeneinheit
.und P den hydrodynamisch wirksamen Molekülradius bedeutet.
Berücksichtigt man, dass

+

+

I) Eine ausführliche Darlegung dieses Gedankenganges findet sich in
.Ann. d. Phys. 17. p. 549. 1905.

-

21 -

n

p
~'

-N==

wobei rJ die in der Volumeneinheit befindliche Masse des gelösten Stoffes und tn dessen Molekulargewicht bedeutet, so erhält
man:
N pa = ~. m(Je~
41t

rJ

k

_ 1)

Andererseits wurde in § 4 gefunden:
NP=RT.I-r ,
61tk D

Diese beiden Gleichungen setzen uns in den' Stand, die Grössen
P und N einzeln zu berechnen, von welchen sich N als unabhängig von der Natur des Lösungsmittels, der gelösten Substanz
und der Temperatur herausstellen muss, wenn unsere Theorie
den Tatsachen entspricht.
Wir wollen die Rechnung für wässerige Zuckerlösungdurchführen. Nach den oben mitgeteilten Angaben über die innere
Reibung der Zuckerlösung folgt zunächst für 20 0 C:
N pa = 200.

Nach Versuchen von Graham (berechnet von Stefan) ist
der Diffusionskoeffizient von Zucker in Wasser bei 9,5 0 C. 0,3S4,
wenn der Tag als Zeiteinheit gewählt wird. Die Zähigkeit des
Wassers bei 9,5 0 ist 0,0135. Wir wollen diese Daten in unsere
Formel für den Diffusionskoeffizienten einsetzen, trotzdem sie an
10 proz. Lösungen gewonnen sind und eine genaue Gültigkeit
unserer Formel bei so hohen Konzentrationen nicht zu erwarten
ist. Wir erhalten
N P = 2,08.10 16•
Aus den für N pa und N P gefundenen Werten folgt, wenn
wir die Verschiedenheit von P bei 9,5 0 und 20 0 vernachlässigen,
p = 9,9.10-8 cm,
N =, 2,1 . 10 23 •
Der für N gefundene Wert stimmt der Grössenordnung nach
mit den durch andere Methoden gefundenen Werten für diese
Grösse befriedigend überein.
B ern, den 30. April 1905.


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